
Hamburger Hafen als NATO-Drehscheibe: Verteidigungsgelder statt Wirtschaftsförderung?
Die norddeutschen Häfen könnten künftig verstärkt aus dem Verteidigungsetat finanziert werden – zumindest wenn es nach dem Hafenkoordinator des Bundes, Christoph Ploß, geht. Was auf den ersten Blick wie eine clevere Finanzierungslösung für marode Hafeninfrastruktur klingt, offenbart bei genauerer Betrachtung die ganze Misere deutscher Politik: Statt endlich eine vernünftige Wirtschaftspolitik zu betreiben, wird nun die Verteidigungskarte gespielt.
NATO-Verpflichtungen als Türöffner für Subventionen
Besonders pikant ist die Argumentation des CDU-Politikers Ploß: Die großen norddeutschen Häfen wie Hamburg und Bremerhaven seien für die NATO-Verpflichtungen Deutschlands unverzichtbar. Bremerhaven fungiere als wichtiger Umschlagsplatz für Material und Truppen, sollte die NATO größere Kontingente Richtung Polen und Baltikum verlegen müssen – natürlich wegen der angeblichen russischen Bedrohung.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Jahrzehntelang wurde die Hafeninfrastruktur vernachlässigt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Häfen systematisch untergraben. Und jetzt, wo die Niederlande und Belgien uns längst den Rang abgelaufen haben, entdeckt man plötzlich die militärstrategische Bedeutung unserer Seehäfen. Wie praktisch!
40 Millionen Euro – ein Tropfen auf den heißen Stein
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Gerade einmal 40 Millionen Euro jährlich stellt der Bund für alle norddeutschen Seehäfen zur Verfügung. Die Länder fordern hingegen 500 Millionen Euro – eine Summe, die angesichts des Investitionsstaus noch bescheiden erscheint. Während unsere europäischen Nachbarn ihre Häfen konsequent ausbauen und modernisieren, diskutiert man hierzulande darüber, ob man die dringend benötigten Investitionen nicht irgendwie über den Verteidigungshaushalt finanzieren könnte.
"Es täte uns gut in Deutschland, dass wir rangehen wie die Niederländer oder Belgier, die Hafenpolitik und maritime Themen immer stärker national betrachten"
Diese Aussage von Ploß trifft den Nagel auf den Kopf – kommt aber etwa zwei Jahrzehnte zu spät. Während Rotterdam und Antwerpen zu den modernsten Häfen der Welt aufgestiegen sind, hat Deutschland seine maritime Wirtschaft sträflich vernachlässigt.
Militarisierung statt Modernisierung?
Die Überlegungen, Hafeninfrastruktur über Verteidigungsgelder zu finanzieren, werfen grundsätzliche Fragen auf. Sollen unsere Häfen primär als zivile Wirtschaftsdrehscheiben oder als militärische Logistikzentren entwickelt werden? Die jüngsten Manöver wie "Red Storm Bravo" mit 500 Soldaten im Hamburger Hafen zeigen bereits, wohin die Reise gehen könnte.
Dabei bräuchten die deutschen Häfen vor allem eines: Eine klare wirtschaftspolitische Strategie, massive Investitionen in die Digitalisierung und Automatisierung sowie den Ausbau der Hinterlandanbindungen. Stattdessen versucht man nun, über den Umweg der Verteidigungspolitik an Gelder zu kommen, die eigentlich aus dem Wirtschaftsressort fließen müssten.
Die wahren Probleme bleiben ungelöst
Diese Entwicklung ist symptomatisch für die deutsche Politik der letzten Jahre: Statt Probleme an der Wurzel zu packen, sucht man nach kreativen Umwegen. Die Hafenwirtschaft leidet unter überbordender Bürokratie, mangelnder Digitalisierung und fehlenden Investitionen. Doch anstatt diese strukturellen Probleme anzugehen, diskutiert man lieber über NATO-Verpflichtungen und militärische Notwendigkeiten.
Es ist höchste Zeit, dass Deutschland seine Hafenpolitik endlich ernst nimmt – als das, was sie ist: Ein zentraler Baustein unserer Exportnation. Dafür braucht es keine Tricks über den Verteidigungshaushalt, sondern eine ehrliche Bestandsaufnahme und den politischen Willen, die notwendigen Mittel bereitzustellen. Alles andere ist Augenwischerei auf Kosten unserer wirtschaftlichen Zukunft.
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