
Bundeswehr-Kompromiss: Vier-Stufen-Plan soll Wehrdienst retten – doch reicht das?
Die schwarz-rote Koalition hat sich nach monatelangem Ringen offenbar auf einen Kompromiss beim umstrittenen Wehrdienst geeinigt. Das berichtete die "Welt" unter Berufung auf Regierungskreise. Der neue Vier-Stufen-Plan solle die Quadratur des Kreises schaffen: Die SPD bekommt ihre geliebte Freiwilligkeit, die Union ihre Hintertür zur Wehrpflicht. Ob dieser faule Kompromiss die marode Bundeswehr tatsächlich zukunftsfähig machen könne, darf bezweifelt werden.
Freiwilligkeit als Feigenblatt
Das Kernstück des Kompromisses sei die Beibehaltung der Freiwilligkeit – zumindest auf dem Papier. Junge Menschen müssten demnach nicht automatisch zur Truppe, was großen Teilen der SPD wichtig sei. Man fragt sich unwillkürlich: Ist das die gleiche SPD, die einst stolz auf die Tradition der Wehrpflicht war? Offenbar hat die Partei ihre Wurzeln endgültig vergessen und biedert sich lieber dem Zeitgeist an.
Die Union habe immerhin durchgesetzt, dass ein Automatismus greife, falls sich nicht genügend Freiwillige fänden. Ein klassischer Kompromiss also: Beide Seiten sind unzufrieden, aber niemand verliert das Gesicht. Währenddessen tickt die Uhr unerbittlich weiter. Die Bundeswehr zähle derzeit etwa 183.000 Soldatinnen und Soldaten – nach NATO-Vorgaben sollten es in zehn Jahren 260.000 sein. Mit dem aktuellen Kuschelkurs dürfte dieses Ziel in weite Ferne rücken.
Das Vier-Stufen-Modell im Detail
In der ersten Stufe würden alle 18-Jährigen eines Jahrgangs angeschrieben, um ihr Interesse am Wehrdienst zu bekunden. Eine Rückmeldung sei nicht verpflichtend – man könne den Brief also getrost ignorieren. Welch revolutionärer Ansatz! Man stelle sich vor, das Finanzamt würde bei der Steuererklärung ähnlich verfahren.
Die zweite Stufe sehe vor, dass die Musterung je nach Bedarf verpflichtend werde. Wer als tauglich gemustert werde, solle dann "gezielt angesprochen" werden. Man dürfe gespannt sein, wie diese "gezielte Ansprache" aussehe. Vermutlich mit viel Wattebäuschchen und noch mehr Verständnis für die Generation Z.
Erst in der dritten Stufe werde es ernst: Sollte der Bedarf immer noch nicht gedeckt sein, könnten per Zufallsauswahl Musterungen und Einberufungen erfolgen. Wer diese "Bedarfswehrpflicht" verweigere, müsse Ersatzdienst leisten. Diese Stufe solle allerdings nur durch Bundestagsbeschluss aktiviert werden können – nicht durch eine simple Rechtsverordnung des Verteidigungsministeriums.
Die vierte und letzte Stufe gelte nur im Spannungs- und Verteidigungsfall. Dann würde eine allgemeine Wehrpflicht greifen. Hoffen wir, dass es nie so weit kommt – denn bis dahin dürfte die Bundeswehr längst handlungsunfähig sein.
Pistorius' Pläne verwässert
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte ursprünglich ambitioniertere Pläne vorgelegt, die nun deutlich verwässert würden. Der für Juli 2027 geplante Start der Musterung ganzer Jahrgänge sei gestrichen. Stattdessen sollten die Musterungskapazitäten "sofort" ausgebaut werden. Was "sofort" in der deutschen Bürokratie bedeute, wisse jeder, der schon einmal einen Behördengang hinter sich gebracht hat.
Immerhin: Das Aufwuchsziel von 260.000 Soldaten solle nun bereits 2035 statt 2039 erreicht werden. Ein kleiner Lichtblick in diesem Meer der Kompromisse. Das Verteidigungsministerium müsse künftig halbjährlich über die Fortschritte berichten – als ob Berichte jemals Soldaten ersetzt hätten.
Statusfragen und Gehaltsdiskussionen
Auch bei der Statusfrage habe man sich auf einen Kompromiss geeinigt. Statt alle Wehrdienstleistenden zu "Soldaten auf Zeit" zu machen, wie Pistorius es wollte, solle es wieder "Freiwillig Wehrdienstleistende" für sechs und neun Monate geben. Die Union habe sich mit ihrer Forderung durchgesetzt, dass der begehrte SaZ-Status erst ab einem Jahr Dienstzeit vergeben werde.
Man könnte meinen, es gehe hier um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Stattdessen diskutiere man über Gehaltsstrukturen und Statusfragen. Während unsere östlichen Nachbarn aufrüsten und ihre Armeen modernisieren, zankt sich die deutsche Politik um Begrifflichkeiten.
Ein Kompromiss, der keiner ist
Dieser Vier-Stufen-Plan sei symptomatisch für die deutsche Politik: Man wolle es allen recht machen und erreiche am Ende nichts. Die SPD könne weiterhin behaupten, es gebe keine Wehrpflicht. Die Union könne darauf verweisen, dass im Notfall doch eine Pflicht greife. Und die Bundeswehr? Die bleibe weiterhin unterbesetzt und schlecht ausgerüstet.
In Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen bräuchte Deutschland eine starke, einsatzbereite Armee. Stattdessen bekomme es einen bürokratischen Wasserkopf mit vier Stufen, unzähligen Ausnahmen und der vagen Hoffnung, dass sich schon genügend Freiwillige finden würden. Man dürfe gespannt sein, wie lange es dauere, bis dieser Kompromiss als das entlarvt werde, was er ist: Ein Placebo für ein krankes System.
Die Bundeswehr verdiene Besseres. Deutschland verdiene Besseres. Doch solange die Politik lieber Kompromisse schließe statt Probleme zu lösen, werde sich daran nichts ändern. Es bleibt zu hoffen, dass die Realität nicht schneller sei als die deutsche Bürokratie – sonst könnte es für unsere Verteidigungsfähigkeit zu spät sein.

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